Das Internet als Filmmarketing-Tool

Entertainment und maßgeschneiderte Kampagnen für internationale Kinoproduktionen

Hausarbeit von Thomas Praus, Matrikelnummer 356 29 30

Zum Hauptseminar „Situation der deutschen Filmwirtschaft“

Im Wintersemester 2004 / 2005 bei Prof. Dr. Klaus Goldhammer

 

Fachbereich Politik- und Sozialwissenschaften

Institut für Publizistik und Kommunikationswissenschaft

Arbeitsbereich Medienökonomie

 

 


Inhaltsverzeichnis

Das Internet als Filmmarketing-Tool                                                                                        1

Inhaltsverzeichnis................................................................................................................... 2

1 Einleitung                                                                                                                                 3

2 Definitionen                                                                                                                             4

2.1 Marketing......................................................................................................................... 4

2.2 Film-Marketing................................................................................................................ 6

2.3 Online-Marketing............................................................................................................. 8

3 Potentiale                                                                                                                                9

3.1 Vergleich Kinogänger – Online Nutzer......................................................................... 9

3.2 Entscheidungs-Prozess für einen Kinobesuch.......................................................... 10

3.3 Internet und Mundpropaganda.................................................................................... 12

4 Struktur Online-Marketing                                                                                                    14

4.1 Wer macht Online-Marketing?.................................................................................... 14

4.2 Marketingbudgets......................................................................................................... 14

4.3 Anforderungen an das Kommunikationsmanagement............................................. 15

5 Instrumente der Kommunikationspolitik                                                                             15

5.1 Die Filmwebseite......................................................................................................... 15

5.2 Online-PR – Kommunikation über Medien und Meinungsführer............................. 17

5.3. Guerilla, Content-Aggregation, Kampagnen und Alternate Reality Games.......... 18

5.4 Marktforschung, Kundenbindung, Zusatzservices, Kundenintegration................... 19

8 Fazit und Ausblick                                                                                                                21

9 Informationsressourcen                                                                                                       23

10 Literaturliste                                                                                                                        23

 


1 Einleitung

„Man bringt die Leute nicht ins Kino, wenn man ihnen nicht sagt, was man anzubieten hat und am besten sagt man es ihnen so, dass sie es verstehen.“
(„Doctor“ Joe Lee, im Motion Picture Herald, 1934)

 

Zwischen Filmwissenschaft und Marketinglehre gibt es wenige Gemeinsamkeiten. Geht doch die Wissenschaft des Kulturgutes Film vor allem auf künstlerische und soziologische Aspekte des Mediums Film ein. Dass Kino ein globales Business mit immensen Erlöspotentialen, aber auch mit hohen Kosten und Risiken ist, wird hingegen vor allem von der Wirtschaftswissenschaft thematisiert. Beide Felder grenzen sich voneinander ab, ja pflegen sogar mit Liebe ihre Vorurteile: Gerissene, emotionslose Geschäftemacher auf der einen, weltfremde und publikumsferne Künstler auf der anderen Seite.

Und doch können sie nicht ohne einander: Ohne das Publikum kann man auf Dauer keine Filme machen und niemand wird einen unästhetischen und langweiligen Film sehen wollen. Tägliche Aufgabe des Marketings für Filme ist es auch, beide Welten ein bisschen zu vereinen. Dass vor allem das Internet eine wichtige Rolle in diesem schwierigen Unterfangen spielen kann, soll in der folgenden Arbeit gezeigt werden.

Marketingkosten machen inzwischen nicht selten, vor allem bei Hollywood-Produktionen, mehr als 50% der gesamten Kosten aus (Thurau 2004, S.179). Gemäß der „Blockbuster-Strategie“ (de Vany / Walls 2002, S.2) sollen hohe Werbeausgaben, Stars und eine Vielzahl von Start-Kinos eine hohe öffentliche Aufmerksamkeit und somit einen erfolgreichen Kinostart schaffen. Die Blockbuster-Logik: Wenn bereits das erste Wochenende in den Kinos gute Absatzzahlen liefert, wird weiteres Publikum angezogen und die Kinos nehmen den Film nicht schnell aus dem Programm. Aber auch Filme, die erst über einen längeren Zeitraum populär werden, brauchen eine gute Kommunikation. Das Internet kann in beiden Fällen eine wichtige Rolle spielen. Es ist international, multimedial, interaktiv und effizient. Welche Potentiale für eine erfolgreiche Kommunikation im Online-Marketing stecken, welcher Instrumente sich Marketing-Treibende bedienen und was für Zukunftstrends sich aus den aktuellen Entwicklungen erkennen lassen, soll im Folgenden kurz gezeigt werden.

Sowohl die Filmwirtschaft als auch im Besonderen das Marketing über das Internet internationalisiert sich zusehends. Dazu trägt zum einen die Wissenschaft mit allgemein anerkannten Standards und Erkenntnissen als auch global organisierte Hersteller von Produkten und Marketing-Dienstleister bei. Und obwohl Inhalte und Bezugsgruppenansprache nationalen Regeln (nicht zuletzt durch die Sprache) unterworfen sind, folgen Strategien wiederkehrenden Schemata. Durch die standardisierte Technik bieten sich allen Beteiligten im Internet ähnliche Möglichkeiten. Eine dezidierte Darstellung der Vermarktung speziell deutscher Produktionen will ich hier also nicht vornehmen. Auch auf die deutsche TV-Landschaft möchte ich nicht weiter eingehen, stattdessen soll es vor allem um Strategien der Vermarktung internationaler Kinoproduktionen gehen. Mein Verständnis von Marketing innerhalb dieser Arbeit will ich in Kapitel 2 vorstellen.

Diese Arbeit entstand nach dem Besuch des im Titel genannten Hauptseminars und ist von mir im Laufe des Sommers 2005 erstellt worden. Die Arbeit ist ein Original, als Quellen habe ich die in den Fußnoten und dem Literaturverzeichnis angegebenen Schriften, die Vorträge aus dem Seminar und natürlich – das Internet verwendet.

2 Definitionen

Was bedeutet Marketing, speziell Marketing für Filme, was ist Online-Marketing?

2.1 Marketing

Marketing ist ein schillernder Begriff – für die einen ist es schlicht Werbung oder soll einfach die Produkte „an den Mann bringen“ (Absatzmarketing), andere sehen im Marketing gar die treibende Kraft eines wirtschaftenden Unternehmens.

In der Betriebswirtschaftslehre hat das Marketing in den vergangenen Jahren eine immer größere Bedeutung erlangt. Denn in einer differenzierten Welt, in der das Angebot der Güter die Nachfrage übersteigt (Käufermärkte), ist der Engpass einer Unternehmung nicht die Produktion wie noch zu Wirtschaftwunderzeiten, sondern der Absatz. Schließlich werden in einer neueren Definition nicht nur die Absatz- sondern auch die Beschaffungsmärkte in den Fokus einer Marketing-Wissenschaft genommen (Wöhe 1993, S.631). Nach Meffert bedeutet Marketing dann auch „die bewusst marktorientierte Führung des gesamten Unternehmens oder marktorientiertes Entscheidungsverhalten in der Unternehmung“ (Meffert 1986, S.29).

Ich möchte in dieser Arbeit aus analytischen Gründen eine absatzorientierte Marketingsicht einnehmen. Ich konzentriere mich auf das Produkt Film, seine Vermarktung und in Grenzen den Einfluss der Zuschauer auf seine Entstehung. Aus einer absatzpolitischen Perspektive stehen dem Marketing folgende Instrumente zur Verfügung:

§         Distributionspolitik (Verkaufs- und Absatzwege)

§         Produktpolitik (Innovation, Qualität, Service)

§         Preispolitik (Preise, Rabatte, Zahlungsbedingungen)

§         Kommunikationspolitik (Werbung, PR, Verkaufsförderung, Marktforschung) 


Eine Kombination aller Instrumente wird als Marketing-Mix bezeichnet (Wöhe 1993, S.669). In dieser Arbeit möchte ich mich vor allem auf die Kommunikationspolitik beziehen. Das Internet ist ein Dialogmedium und Äußerungen der Kunden können wiederum die Produktpolitik beeinflussen. Diesen Mechanismus möchte ich unter den Begriff „Marktforschung“ fassen. Wie die Digitalisierung der Filmproduktion die Distribution von Kinofilmen über Datennetze beeinflussen, wurde in der Präsentation von M. Seidel (Seidel 2005) gut gezeigt.


2.2 Film-Marketing

Filme sind ein hoch-spekulatives Geschäft: Man kann viele Millionen verlieren („Final Fantasy“), aber auch das Geschäft seines Lebens machen (George Lucas). Die Renditen können so groß sein wie bei keinem anderen Produkt - der ROI des „Blair Witch Project“ liegt bei 345 000% (!). Aber die Investition ist immer risikoreich (Zahlen von The Numbers 2005).

Um dieses Risiko zu minieren, sind in letzter Zeit die Kostenanteile für das Marketing eines Filmes auf oft über 50% angewachsen. Das liegt zum einen an der Fixierung der amerikanischen Studios auf die Ergebnisse des ersten Kino-Wochenendes, an denen oft der Erfolg und die Qualität eines Filmes gemessen werden. Zum anderen ist natürlich generell der Preis für Aufmerksamkeit (Awareness) gestiegen (Gilbert-Rolfe/Merchant/Moroian, 2003, S.5). Schließlich kann die Frage gestellt werden, ob die immensen Gagen, die für Stars gezahlt werden, den Marketing- oder den Produktionskosten zugerechnet werden (Thurau 2004, S.180)

Der Erfolgs-Unterschied zwischen teuer produzierten und vermarkteten Filmen und kleinen, unabhängigen, thematisch oder ästhetisch spezifischen Filmen (oft auch „Independent Filme“ genannt, wenn sie ohne die Unterstützung eines der globalen Medienunternehmen auskommen), ist im Durchschnitt immens. Große Filmproduktionen planen von vornherein ein Massenpublikum ein und besitzen die nötigen Ressourcen (Personal, Kapital und Kontakte) um in sehr kurzer Zeit weltweite Aufmerksamkeit zu erzielen. Das Marketing ist bereits im gesamten Produktionsprozess eingebunden, von der Idee über das Drehbuch bis hin zum Schnitt. Von Wyatt wird diese Vorgehensweise zur Vermarktung von Filmen als „High Concept“ (Wyatt 1994) beschrieben. Dazu gehören neben des Fokus der großen Hollywood-Studios auf umsatzträchtige Filme die Konzentration auf Filmstoffe, die sich leicht in einem Satz zusammen fassen lassen: „straightforward, easily communicated and easily comprehended“. (Wyatt 1994, S. 9) Dieser Satz geht laut Wyatt zurück auf den Columbia Pictures Entertainment Präsidenten Peter Guber und zeigt deutlich, dass das Marketing für Kinofilme in den großen Hollywood-Studios bereits von Beginn an, bei der Erstellung einer Idee und eines Plots beginnt. Weitere Merkmale des „High Concept“-Prinzips sind die durchgehende Integration von Marketing und Merchandising mit der Produktion, einem klaren CI (Logos), das  Arbeiten mit Stars („Starpower“) und der Orientierung an Moden und derzeitigen populären Geschmäckern und Genres (Gruselfilme, Piratenfilme, etc.)

Genres und Stars (siehe auch Hediger 2005a) haben Fans und lassen sich bestimmten Zielgruppen zuordnen und spezifische Maßnahmen, Partner oder Aktionen (er)finden, um einen Film zu positionieren. Sie sind jedoch nicht mehr als Orientierungshilfen, denn am Ende ist jeder Film anders und so muss um jede neue Geschichte Kern-Botschaften und Zielgruppen gefunden werden.

Der Ausdruck „High Concept“ ist aber auch zum Fokus der Kritik geworden und bedeutet für viele nichts anderes als den Ruin der Kreativität, weil sich die vorsichtigen Financiers nurmehr auf bekannte und leicht zu vermarktende, simple Stoffe und Ideen konzentrieren. Für Wyatt ist „High Concept“ der natürlichen Spannung zwischen kreativem Wagnis und finanziellem Risiko geschuldet und stellt ein temporäre Phase des Filmeschaffens in Hollywood dar. (Wyatt 1994, S. 13). Solange jedoch das Risiko, bei einer Investition viel Geld zu verlieren hoch ist, werden diejenigen, die das Risiko tragen, immer vorsichtig sein und zu auf vermeintlich sichere Konzepte setzen.

Doch auch für kleine, eher künstlerische und neuartige Produktionen und Formate ist gutes und erfinderisches Film-Marketing und gezielte Kommunikation die einzige Chance, einen Film auch in kleinen Dimensionen erfolgreich zu machen (siehe Bosko, 2003). Aus Marketingsicht folgen die Produzenten hierbei eher einer Nischen-Strategie und müssen versuchen, ihr Publikum möglichst genau zu finden und anzusprechen. Das Internet kann dabei eine wichtige Rolle spielen, wie wir im Folgenden sehen werden.

Schließlich ist Komplexität und Bedeutung des Filmmarketings zunächst mit der Etablierung der „Blanket Strategy“ (Hediger 2005b S.141), d.h. der gleichzeitigen und flächendeckenden Filmstarts in den USA der 70er Jahre gestiegen und erreichte mit den weltweit synchronisierten Filmstarts der Filme der „Herr der Ringe“-Trilogie ihren Höhepunkt. Das Internet als gemeinsamer, globaler Kommunikationsraum (und Raubkopierraum) und Informationsquelle hat einen maßgeblichen Anteil an dieser Entwicklung. Für die Marketingtreibenden bedeutet dies, dass ein Produkt in kurzer Zeit weltweit bekannt gemacht werden muss und alle Instrumente und Beteiligte koordiniert werden müssen.

Die Tendenz, Filme mit ihren Figuren, Stories und Schauplätzen mit zusätzlichen Produkten wie Merchandising oder Videospielen zu vermarkten sowie die Weitervermarktung als DVD, Video on Demand und für das TV erhöht die Komplexität und den Koordinierungsaufwand noch einmal.

2.3 Online-Marketing

Das Feld des Online-Marketings ist jung und wird derzeit vor allem aus der Praxis heraus beschrieben. Es geht darum, Produkte über das Internet zu bewerben und zu verkaufen. Da es sich um ein interaktives Medium handelt, ist eine umfangreiche Produkt-Darstellung und auch der Verkauf, z.B. via Kreditkarte und Post-Versand möglich. Vor allem für immaterielle Güter, die sich gut im Internet präsentieren lassen, wie z.B. Unterhaltungsmedien (Filme, Musik, Bücher) ist ein riesiger Markt entstanden.

Um einen theoretischen Rahmen für meine Arbeit zu finden, möchte ich hier folgenden Definition von Online-Marketing verwenden: Finden die in der theoretischen Eingangs-Definition beschriebenen Marketing-Politiken (Distribution, Produkt, Preis, Kommunikation) über das Internet statt, spricht man von Online-Marketing. Auch hier will ich mich vor allem auf die Kommunikationspolitik konzentrieren.

Das Internet ist Medium und Technologie zugleich. Ebenso wie Online-Magazine, Zeitschriften & Zeitungen, Radiosender und TV-Stationen (also die „klassischen“ Medien) präsentieren sich kommerzielle und private Anbieter mit ihren Inhalten den Online-Nutzern und schaffen Informationsseiten zu ihren Produkten und Meinungen. Die Technologie ermöglicht es praktisch jeder Person und Organisation mit einem Onlinezugang mit einem eigenen, massenmedial ungefilterten Angebot zu geringen Kosten in Erscheinung zu treten. Das Internet als interaktives Medium hat die kommerziellen Kommunikationsbeziehungen entscheidend verändert: Über soziale und geografische Grenzen hinweg können auch Kunden mit Nicht-Kunden in Kontakt treten. (Rosen, 2002, S.70 und 127) Die Informationen sind beständiger, schneller, oft aus vielen Quellen und Bewertungssystemen zusammengesetzt und werden durch die Vielfalt und Vergleichbarkeit glaubwürdiger (Godin 2000, S.75-76, siehe auch Kapitel 5.3)

Das kann mit eigenen Webseiten geschehen, aber natürlich auch durch direkte Kommunikation mit anderen Medien mit Hilfe von Schnittstellen wie Kommentaren, Foren, Weblogs oder E-Mail. Theoretisch sind alle Menschen, die über einen Zugang zum Internet verfügen erreichbar und können wiederum in Interaktion treten:
Kommunikation über etablierte journalistische Angebote und etablierte (Online-) Medienmarken ist mit klassischer PR-Arbeit vergleichbar (siehe Abschnitt 5).

3 Potentiale

Investitionen in Kommunikationsmaßnahmen im Internet müssen sich wie alle Marketing-Instrumente durch Effektivität und Effizienz rechtfertigen. Vor der Beschreibung konkreter Maßnahmen und ihrer Einordnung in Marketing- und PR-Theorie soll hier als Basis eine Betrachtung der Potentiale des Internet als Filmmarketing-Tool folgen, sprich: wie viele Menschen erreicht man und warum nutzen diese das Internet in Bezug auf den Kinobesuch.

3.1 Vergleich Kinogänger – Online Nutzer

In westlichen Ländern hat inzwischen ein überwiegender Teil der Bevölkerung Zugang zum Internet, in Deutschland Mitte 2005 58. Zuletzt war vor allem in Gruppen, die bisher bei den Internetnutzern unterrepräsentiert waren ein starker Zuwachs zu verzeichnen. Dennoch nutzen weiterhin vor allem junge Menschen das Internet als Medium zur Informationssuche und zum Kommunizieren. In der Gruppe der 14-39jährigen nutzen laut ARD-Onlinestudie ca. 85% das Internet regelmäßig % (van Eimeren/Frees 2005, S.263-264), auch die Forschungsgruppe Wahlen stellt ähnliche Zahlen (Forschungsgruppe Wahlen2004) fest.

Abbildung 1 – Internetnutzer-Strukturdaten, Forschungsgruppe Wahlen

 

Die Zielgruppe der 16 – 30 jährigen, von denen ca.
Die Zielgruppe der 16 – 30 jährigen, von denen ca. 75% mindestens einmal im Jahr ins Kino gehen (Neckermann 2001) ist also auch besonders online-affin. So verfügen sie nicht nur in der Mehrzahl über einen Internet-Anschluss, sie besitzen wohl auch die nötige Medien-Kompetenz und Mentalität, um nach Informationen zu suchen und die interaktiven Möglichkeiten zu nutzen. Marketing für Filme im Internet bietet also gerade für diese Zielgruppe besonderes Potential.

Und natürlich gibt es Filme, die sich besonders eignen, stark im Internet beworben zu werden: Filme mit Technik-, Science-Fiction, Horror- oder Fantasy-Themen schaffen Parallelwelten, die sich in der Interaktion mit Fans über das Internet kreativ mit Leben füllen lassen und sprechen Menschen an, die sich auch in ihrem täglichen Leben gern in der „Parallelwelt Internet“ aufhalten, wo sie auf Gleichgesinnte treffen.

Im Endeffekt kann es sich allerdings kein Film, egal welchen Genres, mehr leisten, sich nicht auch im Internet mit einer kurzen Information zu präsentieren. Schließlich nutzen auch Partner wie Verleiher und Journalisten diesen Kanal für Information und Kommunikation.

3.2 Entscheidungs-Prozess für einen Kinobesuch

Wie bei jedem anderen Produkt geht auch einem Kinobesuch eine Kaufentscheidung voraus. Zunächst muss man sich für das Produkt Kino, dann für den anzusehenden Film entscheiden. Vieles davon hängt natürlich von Kriterien wie Nähe und Zeitpunkt ab. Viele Menschen gehen erst einmal in ein Multiplex in ihrer Nähe und entscheiden dann, welchen Film sie zu diesem Zeitpunkt sehen möchten. Andere fiebern einer lang erwarteten Premiere entgegen. Darüber hinaus ist ein Kinobesuch ein soziales Ereignis (vgl. Abb. 3) und selten eine individuelle Entscheidung.

Abbildung 2: GfK-Erhebung, Anstoß zum Kinobesuch, aus Neckermann 2001


Die so genannte „Mund-zu-Mund-Propaganda“ wird in vielen Schriften (siehe u.a. die GfK-Erhebung in Abb.2) und Studien als wichtigster Anstoß für den Kinobesuch genannt.

Damit ist nicht nur der Gang ins Kino „an sich“ gemeint, sondern auch die Kommunikation über einzelne Filme. Nicht zuletzt deswegen versuchen die großen Studios mit ihren Blockbuster-Strategien, möglichst schnell möglichst viele Zuschauer in ihre Filme zu bekommen, um etwaiger negativer Mund-zu-Mund-Propaganda zu entkommen. Diese Strategie verspricht empirisch allerdings keinen garantierten Erfolg (de Vany / Walls 2002, S.2), da sich die negative Mundpropaganda trotz massiver Marketingaufwendungen durchsetzt. Das Internet verstärkt diesen Effekt, wie wir im Folgenden sehen werden und kann, provokant gesprochen, der Blockbuster-Strategie durchaus einen Strich durch die Rechnung machen.

Auch Farchy (Farchy 2005, S. 205) und Iversen (Iversen 2005) stellen fest, dass die Mundpropaganda einen großen Einfluss auf die Kauf-Entscheidung „Kinofilm“ hat: In ihrer Studie war sie für ein Drittel der Zuschauer der wichtigste Anstoß, um ins Kino zu gehen. Und das gilt umso mehr für Personen, die selten ins Kino gehen.

3.3 Internet und Mundpropaganda

Das Internet ist ein „Many to Many“ – Medium. In diesem Kommunikationsraum kann Mundpropaganda unter besonderen Umständen statt finden. Bickart / Schindler (Bickart / Schindler 2002, n.pag., eigene Übersetzung) fassen dies wie folgt zusammen: Im Internet können Verbraucher ihre Meinung zu Produkten teilen. In Foren, Blogs, Abstimmungen, speziellen Verbraucher- und Filmseiten veröffentlichen täglich viele Menschen ihre Sicht der Dinge und ihre Meinung über Produkte, auch und gerade über Filme. Diese Kommunikation wird nicht durch persönlichen Hintergrund, Erscheinung oder sozialen Status verzerrt. Die Menschen sprechen offener, viele Meinungen sind krasser als im persönlichen Gespräch oder über den Filter der Massenmedien. Sie ist oft anonymisiert, was natürlich das Einschätzen der Qualität, der Glaubwürdigkeit und der Motive der Schreibenden verschleiert.

Dazu werden alle Phasen und Motive des Entscheidungsprozesses im Internet unterstützt: Die Informationssuche in der unentschiedenen Phase, Unterstützung und Gemeinschaft nach der Entscheidung und schließlich auch Unterhaltung und Anerkennung. Das Gefühl, als Meinungsführer anderen Menschen Orientierung zu geben, ist befriedigend, nicht zuletzt deshalb äußern so viele Menschen ihre Meinung im Internet.

Natürlich ist diese Kommunikation nicht durch Marketing zu steuern. Nichtsdestotrotz verbirgt sich in den vielen Meinungsäußerungen im Netz ein Potential zur Marktforschungen und Trendfindung. Die Vielzahl der neuen Meinungsmacher kann man auch im Netz gezielt ansprechen (Zerfaß/Boelter 2005, S.115)

Das Internet mit seiner Informationstiefe ist besonders für Menschen, die gern gut informiert sind, ein Fundus (Trailer, Interviews, Kritiken), um Argumente für oder gegen einen Kino-Besuch zu finden. Mit diesen Argumenten überzeugen sie dann wieder diejenigen, die mit ihnen ins Kino gehen.

Gerade für Filme mit einem großen Publikumspotential, aber kleinem Budget ist diese Form der Promotion immens wichtig - siehe zum Beispiel „4 Hochzeiten und ein Todesfall“ (Lukk 1997). Stepanek (Stepanek 2004) befragte Studenten und häufige Kinogänger und fand heraus, dass in dieser einflussreichen Zielgruppe Webseiten das wichtigste Informationsmedium für Filme sind (siehe Abbildung 3).

Abbildung 3: Umfrage unter Wiener Studenten und Kinoportalbesuchern im Sommer 2003, Stepanek 2004

Zusammenfassend kann man sagen, dass Mundpropaganda eine der wichtigsten Einflussgrößen für die Bekanntmachung und die öffentliche Meinungsbildung über einen Film ist. Die Informationstiefe im Netz ist ein Fundus für Meinungsführer und wird von ihnen genutzt. Ein Großteil der Kommunikation im Internet läuft ungesteuert und unkontrolliert. Nichtsdestotrotz können Marketingtreibende mit geschickten Maßnahmen in diese Prozesse eingreifen und sie für sich nutzen, wie wir im Folgenden sehen werden. 

Zunächst können wir ganz simpel feststellen: Das Internet ist also ein wichtiges Instrument für Filmmarketing, kann der Blockbuster-Strategie entgegen wirken und bietet gerade für Nischenprodukte ein großes Marketing-Potential.

4 Struktur Online-Marketing

4.1 Wer macht Online-Marketing?

Recherchiert man im Internet und betrachtet die offiziellen Webseiten für aktuelle Kinoproduktionen, fällt auf, dass alle großen US-Studios inzwischen eigene Online-Produktions-Abteilungen haben und Angebote über ihre Filme in ihre eigenen Webseiten integrieren. Für unabhängige Filme oder spezielle Produktionen wie z.B. Online-Spiele gibt es Dienstleister, die oftmals auf die Online-Promotion von Filmen spezialisiert sind: Faction.com, Creativedomain.com, Mostasa.com (z.B. James Bond, s.u.), Dnastudios.com oder Avistura.de. Bei Filmexporten und je nach Vertriebsstruktur kümmert sich auch der nationale Verleih um Online-Aktivitäten.

PR-Agenturen organisieren Pressevorführungen, natürlich auch für Online-Journalisten und natürlich gibt es auch Werbeagenturen, die Material wie Plakate für Filme produzieren und auch Online-Produktionen anbieten.

Eine genaue empirische Struktur liegt nicht vor, es wird aber deutlich, dass Marketingtreibende aus ganz verschiedenen Bereichen das Internet entdecken, um für Filme zu werben. Entsprechend vielfältig sind die Ausprägungen dieses neuen und spannenden Bereichs.

4.2 Marketingbudgets

Textfeld: Abbildung 4: Werbekosten pro Medium, 
Motion Picture Association, In: Stepanek 2004, S.21
Die nebenstehende Grafik zeigt einen verblüffend geringen Anteil des Werbebudgets, der von Hollywoodstudios in ihren Marketingetats für das Internet verwendet wird.

Dies könnte sich inzwischen geändert haben. Viele Materialien werden im Internet natürlich auch zweitverwendet, wie Poster und Trailer. Ebenso ist das Ergebnis klassischer Pressearbeit mit Filmjournalisten nicht unbedingt nur ein Artikel in einer Zeitung, sondern auch im Internet. Nichtsdestotrotz verblüfft der genannte Anteil von 1% angesichts der oben geschilderten Potentiale.

4.3 Anforderungen an das Kommunikationsmanagement

Durch das Medium Internet sind die Anforderungen an das Kommunikations-management noch einmal gestiegen. Nun können und müssen noch mehr Kanäle bedient und Online- und Offline-Aktionen sinnvoll koordiniert werden. Webseiten sind global erreichbar, ein Kino-Film aber auf nationale Märkte angewiesen: Klassische Marketingaktivitäten sind oft „Ländersache“, Filme werden synchronisiert und haben national unterschiedliche Start-Termine.

Das Internet ist multimedial und vernetzt. Die Anforderungen sind also komplex: Die Chancen des Internet zur intelligenten Integration und zur effizienten Arbeit zu nutzen heißt, übergreifend und kampagnenartig zu denken.

Wenige Filme nutzen die Integrationsmöglichkeiten- und Anforderungen durch das Internet bisher. Webseiten werden dezentral verwaltet, haben eine unterschiedliche Ausstattung und oftmals lässt sich ein global synchronisierter Filmstart auch gar nicht realisieren, da vor dem Export erst einmal das Ergebnis im Heimatland abgewartet werden muss etc. Doch große Blockbuster wie „Herr der Ringe“ oder „Star Wars“ machen (auch mit Internetmaßnahmen) vor, wie sich Filmstarts zu globalen Medienereignissen inszenieren lassen.

5 Instrumente der Kommunikationspolitik

5.1 Die Filmwebseite

Ob eine Webseite als klassische Werbung verstanden werden kann, ist Definitionssache. Viele sehen im Internet sogar eine synchronisierende Funktion zwischen Werbung und PR. Inzwischen haben sich einige Elemente als Standard für eine Webseite über einen Film etabliert:

Trailer, Plot, Plakat und Fotos aus dem Film und Schauspieler und Beteiligteninfos sind Minimum. Dazu kommen oft Musik, Interviews, Making Of, Download- und Presse – Material, Spiele und Gewinne, sowie Merchandising. In den USA ist es darüber hinaus Standard, eine Suche nach einem Kino in der Nähe und das Bestellen von Tickets zu integrieren.

Die Seiten sind oft aufwändig in Flash programmiert und versuchen das Gefühl des Films wieder zu geben. Die Webseite dient als Plattform für alle weiteren Aktivitäten, wird in Trailern, auf Plakaten und anderen Werbemitteln beworben, im Internet mit Bannern (oft mit integrierten Filmszenen oder Spielen) und Adwords (kontextsensitive Textanzeigen in Suchmaschinen) und in Kooperation mit Filmportalen, Magazinen und Kinoseiten verlinkt.

Ein sehr gelungenes Beispiel ist die Seite zur James Bond Filmreihe: 

Textfeld: Abbildung 5: Screenshot von jamesbond.com, August 2005Alle Filme werden mit Ausschnitten, interaktiven Drehorten, Bilderserien z.B. mit allen Bondgirls, Interviews, Downloads wie Bildschirmschoner auf der schnellen und gut gemachten Webseite präsentiert. Mit einem Newsletter werden Fans über Neuigkeiten auf der Seite und natürlich über neue Filme informiert.  

Auch der DVD-Verkauf spielt hier eine wichtige Rolle, sowie die zugehörigen Videospiele.


5.2 Online-PR – Kommunikation über Medien und Meinungsführer

Textfeld: Abbildung 6: Screenshot von yahoo.com, Februar 2005Film-Kritiken von Experten sind auch im Internet wichtigster Teil der Presse-Arbeit. Filmseiten, Portale, Magazine (Cinema, Yahoo, MSN, movies.com usw.) sind die wichtigsten Anlaufstellen für Filmfans im Internet. Yahoo bietet z.B. den besonderen Service, ganze Portfolios mit Trailern und interaktiver Information für einen Film herzustellen und besonders zu präsentieren. Natürlich ist dies eine Dienstleistung, die teuer bezahlt wird. In diesem Falle handelt es sich wohl eher um eine „Medienkooperation“ als um PR-Arbeit.

Auch Fanseiten, Filmblogs und Foren sind wichtige Orte, um einen Film bekannt zu machen. Besonders für Genrefilme gibt es viele besondere Seiten, auf denen Fans sich treffen, um sich über Filme auszutauschen, z.B. horror.com für Horrorfilme.  Die Internet Movie Data Base (IMDB.com) ist die wohl größte Informationssammlung über Filme mit vielen User-Meinungen.

Direktmarketing via E-Mail bietet sich besonders für Newsletter an, die sich mit Stars, wie Schauspielern oder Regisseuren beschäftigen. Diese haben bereits viele Abonnenten, die direkt angesprochen und auf den Film hingewiesen werden können.

 

5.3. Guerilla, Content-Aggregation, Kampagnen und Alternate Reality Games

Der Term „Guerilla Marketing“ beschreibt PR, die nicht als offizielle PR bemerkt wird, in unserem Fall ist dies z.B. das Fingieren von Usermeinungen von Agenturen oder Studios, z.B. in Foren oder Blogs, denn gerade diese genießen ja durch ihre vermeintliche Unabhängigkeit eine hohe Glaubwürdigkeit. Dies ist nach Insiderinformationen gängige Praxis, viele Praktikanten werden in Online-Agenturen damit beschäftigt, gefakte Usermeinungen in Foren zu schreiben.
Doch das Risiko, dass das Spiel mit verdeckten Karten bemerkt wird (z.B. über wiederkehrende IP-Adressen), ist groß und kann mitunter einen Imageschaden nach sich ziehen. (vgl. Zerfaß/Boelter 2005, S. 97)

Textfeld: Abbildung 7: Screenshot von Metacritic.comEine weiterer Trend im Internet ist die intelligente Aggregation von Inhalten. Ohne originären Content zu schaffen, fassen Aggregatoren lediglich zusammen, was auf anderen Seiten geschieht. Diese Entwicklung begann mit der Idee von Yahoo, eine Suchmaschine mit einem redaktionell bearbeiteten Katalog, in dem Information und Links von Redakteuren zusammen gefasst werden zu kombinieren, wurde dann von so genannten Portalen der Internet-Provider wie AOL und in Deutschland T-Online und Web.de kopiert. Inzwischen gibt es viele spezialisierte Portale, die Inhalte aus dem Internet aufbereiten und zusammen fassen. So zeigen Seiten wie Metacritic.com oder Technorati.com, wie und wie häufig über einen Film berichtet wird, auf welche Seiten verlinkt wird und summieren dabei Expertenkritiken und Usermeinungen. In der Abbildung gut zu erkennen: Die Anzahl der Berichte und die Tendenz, von rot nach grün – von negativ bis positiv. Für die Produkt-PR ergibt sich die problematische Situation, dass diese Berichterstattung ob der schieren Massen der Information kaum zu beeinflussen ist und nur durch viele gute Einzelkritiken erreicht werden kann – eben wenn der Film wirklich gut ist.

Wichtig für Berichterstattung sind Events, Ereignisse, über die sich berichten lässt. Im Internet sind dies nicht nur exklusive Previews für Fans (der Star Wars Trailer zum dritten Teil der Episode Eins wurde viele Millionen Mal herunter geladen), sondern auch ganze Online-Kampagnen. Sie können wie ein Film, ein Festival oder eine Premiere selbst zum PR-Event mit Nachrichtenfaktor werden. Ein Klassiker des Online-Campaignings und ein gutes Beispiel für virale Kommunikation, die sich ohne weiteres Zutun über das Internet entwickelt, ist die Kampagne zum Film „A.I.“ von Steven Spielberg nach einer Idee von Stanley Kubrick. Inzwischen etabliert sich der Begriff „Alternate reality game“ für diese Form des „geschichten-erzählenden Marketings“ (Wikipedia 2005) Auch zu den Filmen „The Ring2“ und „Cry_Wolf“ wurden solche Ideen versucht (Hachmann 2005)

Lange vor Filmstart von A.I. gab es viele Seiten im Netz, die die virtuelle Welt hinter der Story beschrieben. So gab es Seiten der im Film spielenden Salla – Familie und der Bangalore World University über Androiden-Entwicklung und Adressen des Sentient Property Crime Bureau, die kriminelle Roboter sucht. Auf den Seiten gab es Telefonnummern, hinter denen sich Ansagen über den Film verbargen. Funktionen wie „Sentient machine therapist“ tauchten im Abspann auf, die Suche im Netz führte zu den oben genannten Seiten.

Auf der offiziellen Webseite gab es einen virtuellen Agenten, einen Avatar mit dem man Gespräche führen konnte und der daraus lernte, quasi eine „Artificial Intelligence“ usw. Diese kreative Kampagne pflanzte sich „viral“ über das Netz fort, wurde oft verlinkt und in E-Mail Verweisen erwähnt. Ohne weitere PR-Arbeit wurde sie von vielen klassischen Medien, wie z.B. der BBC aufgenommen und so in einen traditionellen PR-Erfolg umgewandelt. (BBC 2001)

5.4 Marktforschung, Kundenbindung, Zusatzservices, Kundenintegration

Das Veröffentlichen von Inhalten und das Einholen von Meinungen ist im Internet mit sehr geringen Kosten verbunden. Schön früher gab es Testscreenings von Filmen, um z.B. Schnitt- oder Tonmischung zu überprüfen. Über das Internet kommt nun eine neue Form der Marktforschung hinzu: Die Reaktionen der Internetuser können direkt in die Postproduktion oder gar in die Produktion einfließen. Auch kann man die Kreativität der User nutzen, um den Film aufzuwerten. Die folgenden Beispiele haben vor allem eines gemein: Sie schaffen Kundenbindung, weil ein Verhältnis zum Film aufgebaut wird. Sie schaffen ein Bewusstsein und erhöhen die Aufmerksamkeit. Schließlich sind die eingebundenen Personen die besten Prediger und günstige Werbetreibende für den Film.

Textfeld: Abbildung 8: Screenshot von kongisking.net, Januar 2005Der erfolgreiche Regisseur Peter Jackson („Herr der Ringe“) hat kampagnenartig ein Tagebuch zu den Dreharbeiten seines Films „King Kong“ geführt, der im November 2005 weltweit in die Kinos kommt. Fast jeden Tag


gab es Filme von den Dreharbeiten in Neuseeland und Kommentare von Akteuren.
User konnten E-Mails schreiben, die wenig später von Jackson vor der Kamera beantwortet wurden. In Foren wurden die Fans miteinander verknüpft und das Interesse war groß. Jackson und seine Crew hatten theoretisch die Möglichkeit, nach den Userreaktionen, die Dreharbeiten und die Postproduktion zu ändern. Außerdem werden die Making Of-Filme sicherlich für eine umfangreiche DVD-Produktion wieder verwendet. Das Produktionstagebuch ist also eine kostengünstige und effiziente Maßnahme, um den Film lange vor Start bekannt zu machen und wird in Zukunft sicher Nachahmer finden.

Für die folgenden Beispiele habe ich keinen Beleg gefunden, sie wurden mir von einem Bekannten erzählt, der lange als Webdesigner für Filmpromotion gearbeitet hat. Wahr oder nicht, es sind gute Geschichten und Beispiele für kreatives Filmmarketing:

Für den zweiten Teil der Science Fiction – Komödie „Men in Black“ starteten die Macher einen Monsterwettbewerb per Internet. User konnten Vorschläge für Aliens einsenden, die später in einem Wettbewerb gegeneinander antraten. Das Gewinnermonster wurde schließlich im Film „MIB 2“ animiert in Szene gesetzt.

Auch aus dem Science-Fiction-Bereich stammt die Idee der „Star Trek: Nemesis“-Macher, die Baupläne der Raumschiffe im Internet als Dateien zur Verfügung zu stellen. Fans, die mit diesen Dateien etwas anfangen konnten, hatten die Möglichkeit Manipulationen und Weiterentwicklungen an den Plänen vorzunehmen. In Foren und Blogs wurden die besten Entwürfe diskutiert und die ohnehin fanatische Gemeinde der „Trekkies“ hatte ein neues Feld, um sich kreativ auszutoben.

8 Fazit und Ausblick

Abschließend möchte ich meinen Gedankengang kurz und knapp zusammenfassen: Marketing ist für Filme unverzichtbar und umfasst bei großen Produktionen inzwischen die Hälfte der Kosten. Mund zu Mund – Propaganda hat einen hohen Einfluss auf die Entscheidung einen Film zu sehen, die Blockbuster-Strategie versucht (mit schwankendem Erfolg) diesem Einfluss zu entkommen.

Das Internet bietet jedem die Möglichkeit, Meinungen und Ansichten zu veröffentlichen und sich zu Interessengruppen zusammen zu schließen. Für Marketingtreibende heißt das sehr gezielt mit ganz bestimmten Gruppen kommunizieren zu können. Vor allem für häufige Kinogänger, also Experten und Meinungsführer in ihrem sozialen Umfeld und die Hauptzielgruppe nach Alter (15-35) ist das Internet inzwischen wichtigste Informationsquelle für neue Filme. Onlineportale, Online-Filmmagazine und Fan-Foren nehmen dabei eine besondere Rolle ein. Die Vielfalt der Möglichkeiten und die hohe Dynamik, verbunden mit der Komplexität einer weltweiten, gleichzeitigen Vermarktung eines Films machen die Online-Kommunikation schwer zu kontrollieren, viele tun sich auch daher schwer, die Möglichkeiten zu nutzen.

Über das Netz kann eine große Menge Information für den Film bereit gestellt werden, kein Film kommt heutzutage ohne eine Webseite mit mindestens dem Trailer und einfachen Informationen zu Besetzung und Story aus. In den USA ist der Absatz, also der Verkauf, von z.B. Kinokarten und Merchandising bereits in die Webseiten der Filme integriert, in Deutschland besteht Nachholbedarf.

Durch den „Many to many“-Charakter der Onlinekommunikation haben virale Maßnahmen, Zuschauerbindung- und Integration einen hohen Stellenwert im Onlinemarketing für Filme. Verglichen mit den Kosten für Film-PR und Werbung in klassischen Medien ist die Online-PR sehr effizient, wird aber, gemessen an der finanziellen Ausstattung, bisher wenig genutzt. Vor allem für Independent Filme mit einem großen Fan- und Kultpotential ist das Internet eine große Chance für effizientes Marketing.

Mit fallenden technischen Barrieren (flächendeckende Breitbandanbindung, handwerklich besser gemachte und funktionale Webseiten, gewachsene Internetkompetenz) wird auch die Bedeutung des Online-Marketings für Filme steigen.
9 Informationsressourcen

Weitere Informationsquellen über Filme und Filmmarketing, die nicht bereits als Links oder Quellen genannt wurden:

 

http://www.indiescene.net/

http://www.darkhorizons.com

http://www.boxofficemojo.com/

http://www.greencine.com/main

http://www.indiewire.com/

http://www.eonline.com/

http://www.eonline.com/

http://www.ifp.org/

http://moviecitynews.com/

10 Literaturliste

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